Steueranreize für eine grünere luxemburgische Wirtschaft: Warum dringender Handlungsbedarf besteht

31.03.2023

UEL-Fokusthema

Luxemburg hat sich verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sehen das Klimagesetz und der PNEC vor, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55% (im Vergleich zu 2005) zu senken, 25% des Endenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien zu beziehen und bis 2030 eine Energieeffizienzsteigerung von 44% zu erreichen.

Luxemburg kann diese Ziele nur erreichen, wenn alle betroffenen Akteure, vom öffentlichen bis zum privaten Sektor, ihre Anstrengungen verdoppeln. Nach den öffentlichen Behörden sind also auch die Unternehmen von dieser Herausforderung betroffen. Die Unternehmen spielen eine zentrale Rolle bei der Ankurbelung des Wirtschaftswachstums und der Versorgung des Landes mit Gütern und Dienstleistungen. Daher müssen sie zu einem wichtigen Akteur im Bereich der nachhaltigen Entwicklung und der Dekarbonisierung der Wirtschaft werden, indem sie von der öffentlichen Politik sowohl durch Zwang als auch durch Anreize angetrieben werden.

Doch auch wenn Unternehmen hier eine Vorreiterrolle spielen können und sollten, stehen sie vor anderen Herausforderungen, die ihre Initiativen zum Klimawandel behindern könnten: steigende Energiepreise, die Notwendigkeit der digitalen Transformation und ein beispielloser Druck auf dem Markt für qualifizierte Arbeitskräfte.

DIE STEUERPOLITIK MUSS EIN HEBEL FÜR DEN ÖKOLOGISCHEN WANDEL DER UNTERNEHMEN SEIN

Angesichts dieser Feststellung ist es daher dringend erforderlich, die Unternehmen bei ihren Investitionen in den ökologischen Wandel, aber auch in den digitalen Wandel (zur Unterstützung des ökologischen Wandels) zu unterstützen, indem insbesondere gezielte steuerliche Anreize eingeführt werden, um die Fortschritte in diesem Bereich zu beschleunigen.

Wie die Handelskammer kürzlich anlässlich der Veröffentlichung ihres Themenhefts „Accélérer les transitions écologiques et énergétiques avec un cadre propice“ im Zusammenhang mit den Wahlen für 2023 in Erinnerung rief: „Wenn die Unternehmen des Großherzogtums bereits zahlreiche Anstrengungen unternommen haben, um den Wandel von fossilen zu grünen Energien einzuleiten und zu beschleunigen, müssen sie noch stärker unterstützt, angeleitet und in den ökologischen und energetischen Wandel einbezogen werden, um die angestrebte Klimaneutralität bis 2050 und die verschiedenen Zwischenfristen zu erreichen„[1].

Viele Länder sind in diesem Bereich jedoch einen Schritt voraus. Das prominenteste Beispiel sind die USA: Die Regierung Biden hat im August 2022 ein Konjunkturgesetz (den „Inflation Reduction Act“) eingeführt, mit dem die Nutzung sauberer Energiequellen durch die Einführung von Steueranreizen in Form von Steuergutschriften in Höhe von 270 Milliarden US-Dollar gesteigert werden soll[2]. Das Ziel des amerikanischen Gesetzgebers ist es somit, den ökologischen Wandel zu beschleunigen und gleichzeitig die Investitionen und das Wirtschaftswachstum des Landes zu steigern.

Einige europäische Länder haben sofort auf diese amerikanische Initiative reagiert, da sie sich des Wettbewerbsvorteils bewusst sind, den sie ihnen in diesem Bereich verschaffen wird. So haben diese Länder geplant, die bestehenden steuerlichen Hilfen für Unternehmen im Kampf gegen den Klimawandel zu verbessern, um die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit ihres Landes und die ihrer Unternehmen zu erhalten. Dies gilt insbesondere für Deutschland und Belgien. So kündigte der belgische Finanzminister an, ab 2024 „die steuerlichen Maßnahmen zur Förderung von Unternehmensinvestitionen in den nachhaltigen Wandel zu verstärken, aber auch, um „Bedenken hinsichtlich des US-Inflationsbekämpfungsgesetzes (‚Inflation Reduction Act‘) auszuräumen“[3]. Es ist davon auszugehen, dass andere Länder in Kürze folgen werden.

DIE REFORM DER STEUERGUTSCHRIFT FÜR INVESTITIONEN IST EIN ERSTER WICHTIGER SCHRITT

In diesem Zusammenhang ist eine der von der UEL und der Handelskammer vorgeschlagenen steuerlichen Maßnahmen die Einführung einer Steuergutschrift oder eines Supersteuerabzugs für Unternehmen zur Unterstützung von grünen und digitalen Investitionen.

Diese Forderung führte zur Ankündigung der Anpassung der steuerlichen Maßnahme der Steuergutschrift für Investitionen, die von der Regierung und den Sozialpartnern im Rahmen der Tripartite im September 2022 bestätigt wurde. Diese Anpassung zielt darauf ab, den Anwendungsbereich der derzeitigen Maßnahme auf Investitionen auszuweiten, die von luxemburgischen Unternehmen in die digitale Transformation und in Projekte des ökologischen Übergangs getätigt werden.

Die neue Maßnahme soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Sie wird im Einklang mit den Empfehlungen der Europäischen Kommission stehen, Steuererleichterungen, insbesondere in Form von Steuergutschriften, zur Unterstützung von grünen Investitionen und Investitionen in saubere Technologien sowie in den digitalen Übergang einzuführen, wie sie in dem im Februar 2023 veröffentlichten Industrieplan des Grünen Pakts formuliert wurden[4].

Eine Anpassung der derzeitigen Steuervergünstigung wird auch erforderlich sein, um den neuen europäischen und internationalen Steuervorschriften Rechnung zu tragen, die auf die Einführung einer Mindestbesteuerung (sog. „Säule-2“-Regeln) für multinationale Unternehmen abzielen. Wenn eine solche Änderung nicht vom Gesetzgeber vorgenommen wird, könnte eine zusätzliche Besteuerung von den betroffenen Unternehmen geschuldet werden, wodurch der ihnen ursprünglich gewährte Vorteil (möglicherweise zugunsten anderer Länder) zunichte gemacht wird und das luxemburgische System möglicherweise weniger wettbewerbsfähig als ausländische Systeme wird.

WIR MÜSSEN JETZT HANDELN, UM EINEN EINFLUSS AUF DIE ZUKUNFT ZU HABEN

In Luxemburg ist die Anpassung der Steuervergünstigung für Investitionen daher zu begrüßen, um die Herausforderungen des ökologischen und digitalen Wandels vor dem Hintergrund des zunehmenden Steuerwettbewerbs zwischen den Ländern zu bewältigen. Allerdings sollte dies nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer umfassenderen Überarbeitung der verschiedenen bestehenden Steuervergünstigungen sein. Ein ganzheitlicher Ansatz ist in der Tat notwendig, um sicherzustellen, dass die europäischen Ambitionen im Bereich des Klimawandels erfüllt werden, und um die Unternehmen dazu zu bewegen, nicht nur die Motoren dieses Wandels zu sein, sondern auch diese Investitionen mehrheitlich aus Luxemburg und nicht aus dem Ausland zu tätigen.

Die Herausforderungen sind groß, die Ambitionen müssen es ebenfalls sein.

Der letzte IPCC-Bericht[5], der gerade erst veröffentlicht wurde, bestätigt, dass die Treibhausgasemissionen im letzten Jahrzehnt weiterhin stark angestiegen sind. Der IPCC erinnert daher an die extreme Dringlichkeit, die darin besteht, dass wir heute unsere Maßnahmen beschleunigen müssen, um die globale Erwärmung auf weniger als 2°C zu begrenzen. Andernfalls werden die Auswirkungen des Klimawandels weiter zunehmen, was ihre Bewältigung noch komplexer macht und die Menschen und unser gesamtes Ökosystem in Mitleidenschaft zieht.

Auch der Oberste Rat für nachhaltige Entwicklung hat anlässlich seiner Initiative „One planet Luxembourg“[6] erneut auf die extreme Dringlichkeit konkreter Entscheidungen hingewiesen.

EIN GANZHEITLICHER ANSATZ IM STEUERBEREICH IST UNERLÄSSLICH, UM DEN ÖKOLOGISCHEN WANDEL UND DIE DEKARBONISIERUNG UNSERER WIRTSCHAFT ZU BESCHLEUNIGEN

Ein solches Ziel kann jedoch nur erreicht werden, wenn die gesamte Gesellschaft ihr Engagement für eine nachhaltige Entwicklung beschleunigt, was ehrgeizigere Maßnahmen, auch in Form von Steueranreizen, erfordert.

Denn steuerliche Anreize, die bestehende Umweltsteuern und andere steuerliche Zwangsmaßnahmen ergänzen, werden als Beschleuniger wirken, damit sich die Unternehmen schneller auf neue, umweltfreundlichere Geschäftsmodelle umstellen.

Es stellt sich daher die Frage, ob auf europäischer Ebene nicht noch ehrgeizigere Maßnahmen als die kürzlich ergriffenen eingeführt werden sollten, um den Kampf gegen die globale Erwärmung zu beschleunigen und gleichzeitig die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und Europas zu stärken. Dazu müssten nicht nur die steuerlichen Rahmenbedingungen beeinflusst werden, sondern es müsste auch sichergestellt werden, dass der Verwaltungsaufwand und die Kosten für die Berichterstattung, die die Unternehmen belasten, reduziert werden.

In Luxemburg bedeutet ein solcher ganzheitlicher Ansatz insbesondere die Umsetzung der folgenden steuerlichen Maßnahmen:

  • Einführung einer steuerlichen Maßnahme zur Unterstützung der F&E-Aktivitäten von Unternehmen. Innovation und technologischer Fortschritt müssen fortgesetzt werden, um die Umwelt zu schützen und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben. Nun ist Luxemburg leider eine Ausnahme, da 34 der 38 OECD-Mitglieder und 22 der 27 EU-Länder bereits über eine Steuergutschrift für F&E-Kosten verfügen (im Jahr 2021)[7]. Darüber hinaus haben das Vereinigte Königreich und Irland gerade angekündigt, ihre Steuergutschriften für F&E-Kosten neu zu gestalten, um sie für Investoren attraktiver zu machen und ihr Wirtschaftswachstum weiter anzukurbeln;
  • Einführung einer steuerlichen Maßnahme zur Förderung des Unternehmertums durch Anreize für Investitionen natürlicher Personen in KMU und Start-ups, die im Bereich des digitalen und ökologischen Wandels tätig sind. Diese sind der Eckpfeiler des Innovationsökosystems des Landes, und die Gesellschaft braucht diese Innovation, um die Art und Weise, wie sie funktioniert, auf nachhaltige Weise neu zu erfinden;
  • Überlegungen anstellen, ob bestehende Steuervergünstigungen nach dem Prinzip des „Green Budgeting“ entsprechend ihrer mehr oder weniger starken Auswirkungen auf die globale Erwärmung neu gestaltet werden sollten. Denkbar wäre zum Beispiel, den Nutzen bestehender (oder künftiger) Steuervergünstigungen anhand von ESG-Kriterien oder anhand von Kriterien im Zusammenhang mit der Kreislaufwirtschaft anzupassen oder zu gewichten und
  • Weitere Vereinfachung der Steuergesetzgebung und Beschleunigung der Digitalisierung des Austauschs zwischen Behörden und Steuerzahlern, um die Verwaltungskosten für Unternehmen zu begrenzen und die Rechtssicherheit in Steuerfragen zu erhöhen.

ZUCKERBROT UND PEITSCHE ALS ERGÄNZENDE INSTRUMENTE FÜR DEN ÖKOLOGISCHEN ÜBERGANG

Die Einführung solcher steuerlicher Anreize greift natürlich in keiner Weise den Entwicklungen vor, die bei den Umweltsteuern (z. B. der CO2-Steuer oder den Energiesteuern) notwendig sind, um den ökologischen Übergang zu gewährleisten.

Es gibt keine Patentlösung: Die beiden Ansätze ergänzen sich in der Tat und sind Teil einer umfassenderen horizontalen Strategie zur Bekämpfung der globalen Erwärmung, bei der sowohl Sanktionen als auch Anreize kombiniert werden, damit die Unternehmen ihre Maßnahmen zur Dekarbonisierung aufrechterhalten und beschleunigen.

Schlussfolgerung

Alles in allem geht es darum, weiterhin einen klaren und ehrgeizigen strategischen Rahmen zu schaffen, um den ökologischen und digitalen Wandel in unserem Land zu beschleunigen. Diese Strategie muss insbesondere durch steuerliche Anreize für Unternehmen umgesetzt werden, die darauf abzielen, das gesamte luxemburgische Ökosystem bei dieser Herausforderung zu unterstützen.

Die Zeit drängt, Fortschritte in diesem Bereich ab 2023 oder 2024 sind notwendig für eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft und um die Attraktivität Luxemburgs auch in Zukunft zu erhalten. Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen ist es daher von entscheidender Bedeutung, dass weitere steuerliche Anreize in das künftige Koalitionsprogramm aufgenommen werden.

Parallel dazu müssen Überlegungen zu einer umfassenden Neugestaltung des nationalen Steuerrahmens angestellt werden, um sicherzustellen, dass alle Steuerbestimmungen mit unseren Umweltzielen und -verpflichtungen, aber auch mit den sich daraus ergebenden Prioritäten für das Land vereinbar sind.